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Die Beschäftigung mit Aldous Huxley boomt auch in Deutschland. Nach der vollständigen Übersetzung von Brave New World (BNW) ins Deutsche (s.o.) und dem jährlich erscheinenden Aldous Huxley Annual (AHA), das inzwischen im 18. Band vorliegt, haben Uwe Rasch und Gerhard Wagner als Gemeinschaftswerk eine systematische Huxley-Biografie vorgelegt. Darin führen sie aus, dass BNW noch immer Huxleys bekanntestes Werk ist: Begriffe wie Massenproduktion und -konsum, Konditionierung, Manipulation, Gentechnik sind in aller Munde. Ferner ordnen sie Huxley angesichts der aktuellen Diskussion um Nachhaltigkeit und Klimaschutz als 'ökologischen Vordenker" ein. Zu diesen Themen bezieht der nachfolgende Artikel kritisch Stellung. Eine solche Analyse der Biografie ist wiederum als Hausarbeit oder Referat in einem Huxley-Leistungskurs geeignet.



Uwe Rasch/Gerhard Wagner, Aldous Huxley, Darmstadt: WBG, 2019.

Willi Real


Das Verfasserteam legt eine umfassende Lebensbeschreibung Huxleys in deutscher Sprache vor: eine Ergänzung zu bestehenden, auf Englisch verfassten Biografien. Allerdings muss man dabei in Kauf nehmen, dass die Zitate Huxleys ins Deutsche übersetzt werden. Das ärgert den Anglisten; auch die Titel von Huxleys Werken auf Deutsch stören, wenn die englischen bekannt sind. Aber ich vermute, dass sind Vorgaben des Verlages, für die man die Verfasser nicht verantwortlich machen kann. Unabhängig davon bleiben viele englische Begriffe im Text unübersetzt, über die deutsche Leser womöglich leicht stolpern können.

Ferner fällt auf, dass das Buch keinerlei Fußnoten aufweist. Auch hier steht zu vermuten: der Verlag will wahrscheinlich auf diese Weise ein breiteres Publikum erreichen. Dass somit finanzielle Aspekte im Hintergrund stehen, darf man den Autoren keinesfalls vorwerfen. Auch ohne Fußnoten beeindruckt die vorliegende Biografie schon auf den ersten Blick: es gibt sowohl ausführliche Bibliografien als auch diverse Register: diese weisen auf eine breit angelegte wissenschaftliche Grundlage hin. Für eine erste oder auch rückblickende Orientierung ist zudem die mitgelieferte Zeittafel sehr hilfreich. Die Darstellung selbst erfolgt chronologisch und ist darüber hinaus in überschaubare Kapitel mit interessanten Überschriften gegliedert. Das Lay-out ist durch gut ausgewählte Bilder aufgelockert, für die es ebenfalls ein detailliertes Quellenverzeichnis gibt. Belege werden im Sinne der besseren Lesbarkeit in (...) Klammern in den Text gesetzt; Titel- und Seitenangaben erfolgen verkürzt in eckigen Klammern [...].

Das Buch ist zweifelsohne sehr materialreich sowie äußerst ambitioniert. Es bezieht sich auf sämtliche Werke Huxleys, auf Gedichte, Essays, Theaterstücke, Romane, etc. und beruht somit auf einer Kenntnis der gesamten Primärliteratur: diese umfasst insgesamt ungefähr 50 Titel. Das ist nicht eben wenig: Huxleys OEuvre ist darüber hinaus äußerst vielfältig. Die Biografie beruht ferner auf der Sekundärliteratur zu Huxley im Allgemeinen und der komkreten Bezüge in seinen Primärwerken im Besonderen: Huxleys literarische Werke haben häufig Erkenntnisse oder Erfahrungen im eigenen Leben als Ausgangspunkt. Das heißt: es geht um deren Genese und Produktion sowie deren Verwurzelung in der Vita des ständig fragenden und forschenden Autors. Dieser Umstand erfordert neben der Kenntnis von Primär- und Sekundärquellen eine große Vertrautheit mit der Korrespondenz Huxleys, mit seinen Briefen und mit den Antworten seiner zahlreichen Freunde und Familienangehörigen sowie mit Tagebüchern, Interviews, Vorträgen, etc. Das bedeutet, dass solche Quellen unter Umständen schwer zugänglich sind. Hinzu kommt, dass für heutige Forscher infolge des Brandes von Huxleys Haus in Kalifornien viele Quellen verloren gegangen sind, und dennoch liegt heute noch immer eine ungeheure Materialfülle zu Huxley vor. Daraus ein einheitliches Buch zu machen, stellt nochmals besondere Anforderungen.

Nach Angabe der Autoren ist es Zweck des vorliegenden Bandes, sich ausführlicher mit Huxleys Werk auseinanderzusetzen (S. 16). Huxleys Lebensbeschreibung soll also nicht Selbstzweck sein, sondern als hilfreicher Einstieg in sein Gesamtwerk fungieren. Die Autoren gehen vom Leben des Autors aus und untersuchen den Einfluss sowie den Niederschlag biographischer Fakten in seinen Werken. Wenn man so will, wird Huxleys Leben für das Verständnis der von ihm verfassten literarischen Texte instrumentalisiert: die Interpretation der Texte ist nicht der Ausgangspunkt, sondern das Ziel der vorliegenden Untersuchung. Um das sachliche Vorgehen der Verfasser zu erläutern, steht im folgenden Huxleys heute immer noch bekanntestes Werk, nämlich seine Dystopie Brave New World (BNW) (1932), im Mittelpunkt, gefolgt von einer kurzen Stellungnahme zu Huxleys Rolle als ökologischer Vordenker. Daran anschließen soll sich eine Analyse der sprachlichen und formalen Darstellung.


Brave New World
Eine Vorbemerkung zur Schreibung: Obwohl sich bei uns seit langer Zeit als Titel der Übersetzung SCHÖNE NEUE WELT eingebürgert hat, gibt es offenbar zwei miteinander konkurrierende Schreibungen, die sich auch in der vorliegenden Huxley-Biografie von Rasch und Wagner finden: entweder Schöne neue Welt (vgl. S. 11, S. 29, S. 67) oder aber Schöne Neue Welt (S. 7, S. 14, S. 15). Wenn das erste Adjektiv als Teil des Titels groß geschrieben wird, fragt man sich, warum die Großschreibung für das zweite Adjektiv nicht beibehalten wird. Eine Antwort auf diese Frage habe ich im DUDEN nicht gefunden. Dennoch würde ich innerhalb eines Buches eine einheitliche Lösung erwarten.

In Bezug auf BNW gehen Rasch und Wagner von zwei gänzlich unstrittigen Quellen aus: es handelt sich um zwei von Huxley gelesene Bücher. Zum einen entdeckte er im Februar 1926 auf einer Schiffsreise von Indien in den Südpazifik in der Bibliothek ein Exemplar von Henry Fords Autobiografie My Life and Work, in der dieser für die maximale Produktivität des Arbeitsprozesses plädiert, d.h. für Massenproduktion und die entsprechende Konsumhaltung (S. 107). Diese Ideen befremdeten Huxley so nachhaltig, dass sie zu einem wichtigen Fundament von BNW wurden: so übertrug er Fords Vorstellungen von Fließbandarbeit auf die Produktion menschlicher Embryonen.

Zum anderen ist durch Briefe belegt, dass Aldous Huxley H.G. Wells' Men like Gods gekannt hat. (S. 138) Ursprünglich war er entschlossen, den grenzenlos optimistischen Roman zu parodieren, aber im Laufe des Schreibens wurde daraus ein satirischer Roman über die Zukunft im allgemeinen(1). Von daher ist ein kritischer Gesellschaftsentwurf, eine Art Anti-Utopie, in BNW zu erwarten. In den Worten des Autorenteams liest sich das so: „Dabei wirkt der fiktive Weltstaat im Jahre 632 … oberflächlich gesehen geradezu paradiesisch. Es gibt keine Kriege mehr, es herrscht größtmögliche Stabilität und Sicherheit. Jeder Bürger hat seinen Platz in der Gesellschaft, besitzt eine Arbeit, kann sorglos und glücklich seinem Leben nachgehen und die Freizeit genießen. Aber dieser Zustand ist sehr teuer erkauft, denn dafür haben die wenigen Machthaber den Bürgern ihre geistige Freiheit und damit ihre Identität geraubt.“ (S. 139) Künstlich hergestellte Embryonen werden durch Manipulation und Konditionierung auf ihre künftige Position als kleines Rädchen in der großen Maschinerie des Weltstaates vorbereitet.

Es ließe sich hinzufügen: Die Wissenschaft, ohne die dieser Entwicklungsstand unmöglich wäre, ist paradoxerweise nicht mehr gefragt. Wie der Weltkontrolleur Mustapha Mond ausführt: „Science is dangerous: we must have it most carefully chained and muzzled“ und wenig später: „Science is dangerous … we cannot allow Science to undo its own good work.“(2) Das heißt: Die angebliche Stabilität ist nichts anderes als Stagnation.

Aber auch das ist erst ein Teil der Wahrheit. Mit ihrer Beschreibung der neuen Welt erreichen die Verfasser nicht den Stand der heutigen Huxley-Forschung, denn die von ihnen genannten Quellen sind nicht die einzigen für BNW. Huxley hat zeit seines Lebens ständig gelesen. Es ist mir unverständlich, warum Rasch und Wagner nicht die oben zitierte Arbeit von Jerome Meckier erwähnen, einen der namhaftesten Huxley-Experten überhaupt. Zwar ist sie in der Bibliografie der Sekundärliteratur erfasst, wird aber zumindest an dieser Stelle nicht konsequent ausgenutzt. Meckier weist nämlich nach, dass BNW eine Synthese aus diversen zeitgenössischen Strömungen darstellt, zu denen auch Sigmund Freud und John Watson zählen. Beide aber werden von Rasch und Wagner nicht erwähnt: insofern ist hier ihre Darstellung lückenhaft. Mehr noch: Die Behauptung, dass Freud wie andere einflussreichste westliche Denker der Neuzeit (Kant, Hegel und Marx) in Huxleys Werken nicht vorkomme bzw. den Nützlichkeitstest nicht bestände (S. 9), ist unzutreffend.

Freud wird nämlich im Gegensatz zu Kant und Hegel im Text von BNW sehr wohl direkt erwähnt. Der Weltkontrolleur Mustapha Mond stellt fest: „Our Ford - or Our Freud, as … he chose to call himself whenever he spoke of psychological matters ...“(3) Das heißt einerseits: Ford, der innerhalb von BNW häufiger erwähnt wird als jeder andere, nimmt in diesem Roman eine zentrale Stellung ein. Ihm und seiner Ersatzreligion wird andererseits Freud gleichberechtigt an die Seite gestellt, d.h. dass beide Huxley als satirisches Ziel dienen. Anders gesagt: Konsumdenken und Lustprinzip sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Als weitere Freud-Einflüsse im Text sind (weil Brutstätte von Neurosen und Komplexen) die Abschaffung der Familien(4) sowie die Einführung der sexuellen Freizügigkeit (Promiskuität) zu nennen. Auch die Konzeption der Droge Soma als „drowner of cares“ geht auf die englische Übersetzung eines Werks von Freud zurück.(5) Und noch ein Wort zum Nützlichkeitstest: im gesamten Text der Biografie Aldous Huxley wird nicht erläutert, worin der Test besteht und wem er nützen soll. Dem Autor Huxley oder der Gesellschaft oder beiden? Folge dem, wer kann: ich kann es nicht.

Wie Huxley in einem Interview 1960 bekannte: „I was never intoxicated by Freud as some people were.“(6) Die Tatsache, dass die Lektüre von Freud ebenso zu seiner Lebensgeschichte gehört wie diejenige von Watsons Werk, steht dennoch unumstößlich fest. Beim Lesen von Watson war er sogar entsetzt.(7) Huxleys Reaktion kann angesichts der Experimente von Watson, der als eifriger Schüler von Iwan Pavlov grausame Experimente mit Kindern durchführte, nicht überraschen. Diese Denkweise erklärt auch die Verwendung von Elektroschocks, mit deren Hilfe Kindern in BNW die Abscheu vor Büchern und vor der Natur eingeimpft wird. Aber auch damit ist die Quellensuche für weitere Einflüsse auf BNW keineswegs abgeschlossen.

Rasch und Wagner betonen immer wieder die Freundschaft zwischen D.H. Lawrence und Aldous Huxley: sie pflegten viele Kontakte, praktizierten einen lebhaften geistigen Austausch und waren lange mit der Genese der beiderseitigen Werke vertraut. Insofern liegt es nahe, diesem Themenkreis weiter nachzugehen, aber bei Rasch und Wagner geht es nunmehr nicht um den Zusammenhang von Leben und Werk, sondern hier ruht die biographische Darstellung in sich selbst. Möglicherweise haben die Autoren an dieser Stelle das Potenzial dieser Lebenserfahrungen für Huxleys Werk nicht erkannt. Jedenfalls gehen sie nicht auf einen weiteren Aufsatz von Jerome Meckier(8)) ein, der nachweist, dass D.H. Lawrence seinem Freund Huxley als Quelle für die Darstellung des Reservat Malpais in BNW gedient hat. Auf einer Mittelamerikareise interessierte sich Huxley wie früher auch schon bei einem Aufenthalt in Indien nicht nur für fremde Kulturen, sondern auch für die Armut der Bewohner. Es würde zu weit führen, diese Thematik weiter zu verfolgen.


Huxley als ökologischer Vordenker
Auf diese Rolle Huxleys wird im Klappentext, nicht aber im Inhaltsverzeichnis verwiesen. Dies ist natürlich ein zur Zeit sehr aktuelles und daher werbeträchtiges Thema. Im vorliegenden Band sieht es so aus, als wollten die Autoren auf einen fahrenden Zug aufspringen. Sie zitieren an unterschiedlichen Stellen Werke Huxleys, etwa seinen Essay zur Ausgabe von BNW 1946, seine langen Ausführungen in Brave New World Revisited (1946), und auch im Essay „Double Crisis“ ist von Umweltzerstörung die Rede; dazu sind einige Details aus Island (1961) zu nennen. Aber die Ausführungen zu diesem Thema umfassen einzelne kurze Abschnitte (S. 17, S. 211, S. 225), die sich über den gesamten Text verteilen und die daher eher unzusammenhängend wahrgenommen werden.

Huxleys Position lässt sich kurz folgendermaßen beschreiben. Er unterscheidet zwei fundamentale ökonomische Faktoren: die Versorgung mit Nahrung und die Versorgung mit Energie. Schon in Brave New World Revisited fordert Huxley, dass sich Wissenschaft und Technologie den Bedürfnissen des Menschen unterwerfen solle und nicht umgekehrt. In seinen Vorarbeiten zu seinem letzten Roman Island weist Huxley auf die Probleme der Überbevölkerung und der modernen Propaganda hin. Darin zeichnet Huxley eine Modellgesellschaft, in der Freiheit, selbstloser Individualismus sowie eine Kultur der Intelligenz- und Achtsamkeitspflege eine im wahrsten Sinne utopische zentrale Rolle spielen und offenbar auch den Nerv der Zeit trafen (S. 269). Eine der Grundvoraussetzungen dieser Freiheit ist radikale Friedfertigkeit. (S. 270): auch diese Vorstellung ist bereits in der oben genannten Schrift Sigmund Freuds zu finden.(9) Sie soll es jedem einzelnen Mitglied ermöglichen, die größte Anzahl seiner Potenziale zu verwirklichen. Ebenso wie in BNW braucht es dazu in Anlehnung an Freud keine Familien im traditionellen Sinn. Unerwähnt bleibt bei Rasch/Wagner, dass Pala aufgrund seiner Ölvorkommen Begehrlichkeiten weckt: der Journalist Will Farnaby will die Ölrechte für einen englischen Ölbaron erwerben, so dass multiglobale Gesellschaften die Ölquellen ausbeuten können. Alle Bewohner von Pala wehren sich gegen dieses Vorhaben, doch kommt der Verkauf heimlich zustande und Pala wird von feindlichen Truppen erobert. Das bedeutet das desillusionierende Ende des utopischen Paradieses. Huxley zeigt somit die zerstörerische Wirkung der Korruption auf.

Bei Dana Sawyer finden sich zudem im Aldous Huxley Annual 8 (2008) eine Reihe von weiterführenden Huxley-Quellen zu diesem Thema, die eine Typologie von Irrtümern bezüglich des Umgangs mit der Umwelt auflistet. Aus vielen Mosaiksteinchen entsteht dann so etwas wie eine Theorie und eine geschlossene Haltung.(10) Diesen Aufsatz erwähnen Rasch und Wagner in ihrer Bibliografie nicht. Somit verfestigt sich der Eindruck, dass die Verfasser die vorhandene Sekundärliteratur nicht vollständig ausschöpfen.


Formale und sprachliche Probleme der Biografie
Die folgende Beschreibung der formalen und sprachlichen Mängel ergab sich aus dem kursorischen Leseprozess heraus und beruht nicht auf einer systematischen Untersuchung. Gänzlich unberücksichtigt blieben Interpunktionsprobleme (Kommasetzung) sowie Fragen der Klein- und Großschreibung nach Semikolon und Doppelpunkt. Nicht alle der aufgelisteten Beispiele beruhen auf schwerwiegenden Verstößen, und viele von den Verbesserungsvorschlägen sind lediglich Ausdruck persönlicher Vorlieben. Dazu ein paar Bemerkungen:
In jeglicher akademischen Veröffentlichung ist Genauigkeit zu fordern; das betrifft Details: vgl. dazu S. 138, S. 222 und S. 233), aber auch historische Einschätzungen: vgl. 202f. Die wenigen Orthografiefehler sind leicht zu verbessern: S. 180 (2x). Gleiches gilt für einige formale Fehler: vgl. S. 12, S. 127, S. 144, S. 174. Auch in der Umgangssprache zu findende Formulierungen sollten vermieden werden: vgl. S. 186, S. 221. Ebenso beeinträchtigen Wortwiederholungen und Kalauer die stilistische Qualität; vgl. S. 33, S. 105, S. 184, S. 268. Trotz intensiver Nachforschungen habe ich das Substantiv „Verkapselung“ (S. 220) nur in medizinischen Zusammenhängen lokalisieren können: in psychologischen Kontexten ist mir eher das Wort „Abkapselung“ geläufig. Der Begriff der „Okies“ (S. 171) schließlich hat, wie man aus John Steinbecks berühmten Roman The Grapes of Wrath ersehen kann, eine eindeutig pejorative Bedeutung, die auch durch den Zusatz von „sog.“ nicht aufgehoben wird. Deswegen ist eine neutrale Übersetzung unbedingt vorzuziehen, die keine Fremdenfeindlichkeit einschließt.


Text der Biografie Aldous Huxley
Verbesserungsvorschläge bzw. Korrekturen
S. 12: „Und ich [Strawinsky] fühle mich verloren ohne ihn [Aldous Huxley] (Gedächtnis , S. 28) Vgl. S. 283: hier wird das Belegsystem der Autoren erläutert; es wäre leserfreundlicher, die Erläuterung beim ersten Auftreten im Text zu platzieren.
S. 33: Und so gestaltete sich die Bekämpfung schwerer Entzündungen generell problematisch – und so auch in Huxleys Fall. Und deshalb gestaltete sich die Bekämpfung schwerer Entzündungen generell problematisch – und so auch in Huxleys Fall.
S. 57: „[Huxley] bereitete seinen ersten Gedichtband, The Burning Wheel, für die bevorstehende Publikation im Herbst vor.“ [Huxley] bereitete seinen ersten Gedichtband ... für die im Herbst bevorstehende Publikation vor.
S. 70: er klagte über eine hartnäckige Erkältung mit Fieber und rheumatische Symptome er klagte über eine hartnäckige Erkältung mit Fieber und über rheumatische Symptome
S. 79: bis hin zu André Gide, Mark Twain und Marcel Proust bis hin zu Mark Twain, Marcel Proust und André Gide
S. 105: und erneut Lahore nach Aritsar führte … und die letzte große Etappe in Indien führte sie … nach Kalkutta und erneut Lahore nach Aritsar führte … und die letzte große Etappe in Indien brachte sie … nach Kalkutta
S. 106: und gab dem Mausoleum (Taj Mahal) ein vernichtendes Urteil und fällte über das Mausoleum ein vernichtendes Urteil
S. 127: … sei geradedurchseineschiergrenzenlose ...Vielfältigkeit gekennzeichnet sei gerade durch seine schier grenzenlose … Vielfältigkeit gekennzeichnet
S.138: Huxley hatte Schöne neue Welt … als ironische Antwort auf H.G. Wells' allzu positive Zukunftsvisionen in Romanen wie Men like Gods (1923)… angekündigt Huxley hatte Schöne Neue Welt … als ironische Antwort auf H.G.Wells' allzu positive Zukunftsvisionen in einem Roman wie Men like Gods (1923)… angekündigt
S. 141: dem Schloss Sanssouci eine ebenso wenig schmeichelhafte Abfuhr erteilen wie 1925 dem Taj Mahal Das Schloss Sanssouci ähnlich kritisch beurteilen wie 1925 das Taj Mahal
S. 144: Now More than Ever: Uraufführung des Dramas in Münster unter der Regie von Uwe Rasch S. 144: Now More than Ever: Uraufführung des Dramas in Münster unter der Regie von Uwe Rasch. Erst aus der Zeittafel (S. 297) erfahrt man, dass es sich um eine Produktion der Studiobühne der Universität handelte.
S. 154: point of no return Punkt ohne Wiederkehr
S. 171: waren sie unterwegs mit den sog. "Okies" waren sie mit den Wanderarbeitern aus Oklahoma unterwegs
S. 172: Nächstenliebe bzw. Achtung und Achtsamkeit (charity) Nächstenliebe (charity)
S. 174: „MGM … stark interessiert ...“ Was mit der Abkürzung gemeint ist, wird erst auf S. 176 gesagt: „Metro-Goldwyn-Meyer“
S. 180: überlicherweise üblicherweise
S. 180: Kublai Khan Kubla Khan
S. 181: zwischen den Huxleys und Edwin und Grace Hubble zwischen den Huxleys sowie Edwin und Grace Hubble
S. 184: nach einer Malariaerkrankung gekränkelt nach überstandener Malaria weiter gekränkelt
S. 186: seine teilweise Resignation seine partielle Resignation
S.189: eine der wichtigsten Säulen seiner Zivilisations- und Kulturkritik und seiner pragmatischen Überlegungen eine der wichtigsten Säulen seiner Zivilisations- und Kulturkritik sowie seiner pragmatischen Überlegungen
S. 190: Das primäre Ziel von Meditation ist es also, das „plappernde Ich“, wie Krishnamurti es ausdrückt, das das Bewusstsein einlullt und ablenkt, abzustellen Das primäre Ziel von Meditation ist es also, das „plappernde Ich“, wie Krishnamurti es ausdrückt, abzustellen, das das Bewusstsein einlullt und ablenkt
S.195: kam Nachricht kam die Nachricht
S. 198: sein Englisch bewundernswert verbessert sein Englisch in bewundernswerter Weise verbessert
S. 200: Produzent David O. Selznick … wollte Huxley für fein gedrechselte britische Dialoge in Jane Eyre; vgl. S. 204 S. 200: Produzent David O. Selznick … wollte Huxley für fein gedrechselte britische Dialoge in Jane Eyre (als Autor) gewinnen.
S. 202f: Während England von Hitler zu Schutt und Asche gebombt wurde ... Während Hitler versuchte, England in Schutt und Asche zu bomben
S. 220: Anzeichen dafür, dass die Zeit der Verkapselung vorüber war Anzeichen dafür, dass die Zeit der Abkapselung vorüber war
S. 221: das sie … leidlich über hatte das sie ziemlich leid war
S. 222: weiter über Genua nach Sanary, wo Jeanne die Möbel und Bücher … verfrachtet hatte weiter über Genua nach Sanary, wohin Jeanne die Möbel und Bücher … verfrachtet hatte
S. 224: begaben sich die vier auf ausgedehnte Spaziergänge auf die Hochebenen begaben sich die vier zu ausgedehnten Spaziergängen auf die Hochebenen
S. 233: Goya-Zeichnung, die einen alten gebeugten Mann am Stock zeigt Vgl. die Abbildung auf der gleichen Seite: der alte Mann stützt sich auf zwei Stöcke
S. 241: Sie waren mitgenommen von dem unerquicklichen Prozedere Sie waren von dem unerquicklichen Prozedere mitgenommen
S. 254: dass diese Profis wirklich keine Ahnung hatten, was sie taten dass diese Profis wirklich keine Ahnung davon hatten, was sie taten
S. 268: Das gerettete Manuskript rettete in diesen Tagen seinerseits seinen Verfasser Das sicher gestellte Manuskript rettete in diesen Tagen seinerseits seinen Verfasser
S. 280: Selbst als gute Bekannte wahrnahmen, wie alt … er … aussah, wollte er selbst davon nichts wissen Auch als gute Bekannte wahrnahmen, wie alt … er … aussah, wollte er selbst davon nichts wissen

In der nachfolgenden Tabelle geht es ausschließlich um syntaktische Fragen, die in den letzten beiden Beispielen Verständnisprobleme mit sich bringen:

S. 73: „... und schrieb auch neue mit dem selbstironischen 'Fifth Philosopher's Song' (dt. Fünfter Philosophen-Song), in dem er beanstandete, dass es anstelle eines Epoche machenden Menschen ausgerechnet ihm vergönnt gewesen sei, geboren zu werden, eines seiner bekanntesten.“ Hier wird das direkte Objekt durch einen Relativsatz + weiterem Nebensatz + Infinitiv von der Apposition getrennt. Eine besser lesbare Version würde lauten: „... und schrieb auch neue mit dem selbstironischen 'Fifth Philosopher's Song' ... eines seiner bekanntesten Gedichte, in dem er beanstandete, dass es ihm vergönnt gewesen sei, geboren zu werden.“ Es wäre auch leicht möglich, den Relativsatz in einen Hauptsatz zu verwandeln: „Darin beanstandete er ...“
S. 157: „Zwar würde er sich weiterhin konsequent als Agnostiker bezeichnen, von der meta-physischen Idee eines Weltzusammenhanges, eines spirituellen Urgrundes, auf den alle Phänomene, so verschieden und widersprüchlich sie auch erscheinen, zurückzuführen sind, sollte er aber zeit seines Lebens nicht mehr abweichen. Sie dominierte sein zukünftiges Denken.“ Hier liegt ein Beispiel dafür vor, dass ein Substantiv im Singular (Idee) erst drei Zeilen später durch ein persönliches Fürwort (Sie) mit dem vorangehenden Satz verklammert wird. Dazwischen bezieht sich das gleiche Fürwort im Plural auf Phänomene. Eine solche Konstruktion erfordert einen langen Atem des Lesers: m.E. erschwert die komplizierte Syntax die Lesbarkeit.
S. 193: „Jetzt begann er (Gerald Heard) auch noch über ihren (Marias) Zeitplan zu bestimmen. Maria beschwerte sich in einem Brief aus dieser Zeit: 'Er macht keine Anstrengung uns zu besuchen'. Wegen seines strikten Meditationsplans könne er das Haus für nicht mehr als zwei Stunden verlassen. Wenn Heard weitermeditieren musste und Maria Aldous nicht rechtzeitig bei ihm abholte, wurde der Freund kurzerhand vor die Tür gesetzt.“ Diese Zeilen, die eine Mischung aus 'objektiver' Berichterstattung, Zitat und indirekter Rede darstellen, erschließen sich erst nach wiederholtem Lesen. Ein Problem liegt m.E. darin, dass der Perspektivenwechsel von Maria zu Heard unvermittelt erfolgt. Es geht wohl darum, dass Maria nicht Heard, sondern ihren Mann chauffiert, dass sie sich dabei dessen zeitlichen Wünschen anpassen soll, und das empfindet sie offenbar als Zumutung! Aldous und Heard meditieren zusammen in Heards Wohnung, nie bei den Huxleys; mit der „Freund“ ist Aldous gemeint; er wird vor die Tür gesetzt, wenn die Meditationen beendet sind: dadurch sieht Maria sich unter Druck.
S. 207: „Neben vedischen und buddhistischen Texten verschiedener Traditionen oder dem Tschuang-tse und dem Tao te King finden sich Auszüge von Kabir, Rumi und Rabi'a, Zeilen von Huxleys Lieblingsmystikern Meister Eckhart und William Law ebenso wie von Thomas von Kempen und christlichen Heiligen oder aus Die Wolke des Nichtwissens sowie Passagen von Tolstoi, Shakespeare und William Blake. In diesem Beispiel geht es um die von Huxley herausgegebene Anthologie Ewige Philosophie. Abgesehen davon, dass in diesem Satz sehr viel, wenn nicht zu viel an Informationen steckt, scheint mir das vorletzte Glied der Aufzählung aus der Konstruktion zu fallen, was durch den Wechsel der Präposition von „von“ zu „aus“ signalisiert wird. Nach dem „oder“ ist m.E. ein Substantiv wie „Exzerpte/Teile“ einzufügen. Ferner ist es verwirrend, dass an vorletzter Stelle einmal ein Werk, aber nicht, wie vorher und nachher ein Autor genannt wird.


Zusammenfassung
Die Autoren Rasch und Wagner haben eine sehr anspruchsvolle Biografie vorgelegt, die auf das gesamte OEuvre Huxleys eingeht und die prinzipiell eine anregende Lektüre darstellt. Dass eine solche Darstellung nicht erschöpfend sein kann, steht außer Frage. Grundsätzlich wäre es möglich, hier und da von der Biografie weitere Transfers auf BNW vorzunehmen (Bekanntschaft mit den Werken Sigmund Freuds und John Watsons sowie Freundschaft mit D.H. Lawrence). Bei einer sprachlichen Überarbeitung würde ich vor allem für die Auflösung von schwer überschaubaren Schachtelsätzen und somit für eine größere syntaktische Ausgewogenheit plädieren. Hier gilt es, zu glätten, zu feilen, zu bürsten, zu polieren ... Wenn die Autoren damit ernst machten, würden sie mehr Leserfreundlichkeit und einen wesentlich größeren Lesegenuss erreichen.


Anmerkungen
(1) Cf. Jerome Meckier, Aldous Huxley: Modern Satirical Novelist of Ideas (Berlin: LIT Verlag 2006), p. 180.

(2) Brave New World, annotated by Rudolph Franklin Rau (Stuttgart: Klett, 2007), p. 195 und p. 197 (Chapter 16).

(3) Ebd., p. 39 (Chapter 3).

(4) Ebd.; cf. Meckier, p. 128.

(5) Sigmund Freud, Civilization and Its Discontents (first English translation: 1930: W. W. Norton & Company; reissue edition: July, 1989), p. 28. (German version published in 1929)

(6) Cf. Meckier, p. 134.

((7) Cf. Meckier, p. 128.

(8) „On D.H. Lawrence and Death, Especially Matricide: Sons and Lovers, Brave New World, and Aldous Huxley's Later Novels, Aldous Huxley Annual 7 (2007), pp.185-221.

(9)) Freud, p. 78 und p. 82.

(10) „'Brave New World View': Aldous Huxley, Environmental Prophet“, Aldous Huxley Annual 8 (2008), pp. 221-238.

Willi Real

Uploaded by Dr. Willi Real on Thursday, 23 August 2019, at 11:00 AM.

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