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In der vorliegenden Untersuchung geht die Verfasserin zunächst von Huxleys allgemeiner Sprachdefinition aus und analysiert sodann den konkreten Sprachgebrauch des Autors in Brave New World sowie mögliche didaktisch-methodische Implikationen.



Die Rolle der Sprache als Manipulationsinstrument in Aldous Huxleys Brave New World

Sabine Fimpeler



Inhaltsverzeichnis


I. Einleitung

II. Einordnung in die Unterrichtsreihe

III. Definition von Sprache

A. Vorüberlegungen

B. Bedeutung von Sprache

C. Lernziele

D. Ablauf/Didaktisch-methodische Überlegungen

IV. Sprachgebrauch des Autors

A. Vorüberlegungen

B. Analyse von Textpassagen

1. Atmosphäre

2. Der Dialog im dritten Kapitel

3. Metaphern, "sprechende Namen" und das Motto des Staates

C. Lernziele

D. Ablauf/Didaktisch-methodische Überlegungen

V. Die Rolle der Sprache als Manipulationsinstrument in Brave New World

A. Vorüberlegungen

B. Analyse von Textpassagen

1. Sleep-teaching

2. Die Rolle der Sprache im Alltag

3. Die Rolle der Sprache bei der Übermittlung von Tradition/Geschichte

4. Menschen und Außenseiter in BNW
a. Helmholtz Watson

b. John "the Savage"

5. Slogans

C. Schlußfolgerung

D. Lernziele

E. Ablauf/Didaktisch-methodische Überlegungen

VI. Schlußbetrachtung

VII. Anmerkungen

VIII. Literaturverzeichnis



I. Einleitung

Aldous Huxleys Anti-Utopie Brave New World (BNW) ist heute ein fester Bestandteil des Englischunterrichts in der Oberstufe deutscher Schulen. Dies mag einerseits an der Fülle der Themen liegen, die der Roman bietet, andererseits aber auch an der "immanenten Aktualität" des Buches. Die Verbindung zur Lebenswirklichkeit bietet ein Diskussionspotential, das die Attraktivität des Buches für Schüler und Lehrer zusätzlich erhöht. Ein wichtiger Analyseansatz ist das komplexe Thema Sprache, das bei einem literarischen Werk natürlich generell naheliegt. Hier ist es aber von besonderer Relevanz, da der Roman diesen Ansatz - direkt oder indirekt - stark thematisiert.

Einerseits soll die Rolle der Sprache als Manipulationsinstrument in BNW untersucht werden. Dies erscheint notwendig, da z.B. Hypnopaedia, eine verbale Manipulationstechnik, maßgeblich das moralisch-soziale Verhalten des Menschen beeinflußt. Weitere Manipulation ist u.a. in Form von Slogans, also ebenfalls in sprachlicher Form, allgegenwärtig. Verkörpert wird das "Sprachenproblem" in BNW durch zwei Hauptfiguren, Helmholtz Watson und John, "the Savage". Andererseits ist es interessant, den Sprachgebrauch des Autors in den auffälligsten Punkten zu analysieren, z.B. die Metaphern, mit denen er Atmosphäre erzeugt.

Im Folgenden wird zunächst die allgemeine Bedeutung und der Gebrauch von Sprache diskutiert, dann - an diese abstrakten Ergebnisse anschließend - der konkrete Sprachgebrauch des Autors untersucht. Anschließend wird anhand zahlreicher Textstellen der manipulative Gebrauch von Sprache in diesem Werk analysiert, wobei immer der Bezug zu den Lernzielen und dem Schüler gewahrt bleiben soll. Eine Schlußbetrachtung versucht, noch weitere Anregungen geben.


II. Einordnung in die Unterrichtsreihe

Die gesamte Romanbesprechung sollte ungefähr fünf Wochen dauern; das entspricht ca. 20 bis 25 Unterrichtsstunden. Dieser Zeitraum ist aufgrund der Komplexität des Werkes notwendig, um eine tiefgreifende Analyse zu gewährleisten. Dem Schüler sollte genügend Zeit für Eigeninitiative bleiben, so dass der Lehrer nicht alles vorgibt. Die Untersuchung der Sprache sollte gegen Ende dieser Unterrichtsreihe erfolgen, da die Erarbeitung dieses Problemfeldes ohne Kontextwissen wenig Sinn machen würde. So muß z.B. das Verständnis des Menschenbildes sowie der Gesellschaftsstruktur bekannt sein. Für die Definition von Sprache und die Untersuchung der Sprache des Autors würde ich ca. zwei Stunden ansetzen. Für den dritten Teil der Analyse wäre eine Doppelstunde sinnvoll.


III. Definition von Sprache

A. Vorüberlegungen

Bevor der Sprachgebrauch im konkreten Romanzusammenhang untersucht wird, halte ich es für sinnvoll, dass die Schüler aus ihrer Lebenswelt heraus abstrakte Vorüberlegungen zu diesem Thema anstellen. So soll Wissen, das die Schüler bereits (unbewußt) besitzen, durch eine Aufarbeitung verfügbar gemacht werden, um es bei der folgenden Textanalyse anwenden zu können. Damit werden sie auf das Folgende eingestimmt und vorbereitet.

B. Bedeutung von Sprache

Bei diesen Überlegungen sollte Sprache nur als Merkmal der menschlichen Kultur betrachtet werden, so dass z.B. Tiersprachen unberücksichtigt bleiben. Konkret sollen ihre Qualität und ihre Bedeutung für eine menschliche Gesellschaft reflektiert werden.

Eine wichtige Erkenntnis ist, dass Sprache immer Sinn transportiert und somit gehaltvoll ist, egal ob sie in verbaler oder schriftlicher Form vorhanden ist: "Language is by definition an instrument that carries meaning/reason."(1) Laut Imig verdient Sprache, die aus Wörtern ohne Bedeutung besteht, die Bezeichnung "Sprache" nicht mehr.(2) Sprache kann "Ausdruck und Darstellung von Gedanken, Gefühlen, Willensregungen"(3) und von Persönlichkeit sein. Ebenso kann sie aber auch als Mittel zur Verstellung dienen, so dass sie Wahrheit oder Unwahrheit wiedergibt. Sprache ist immer mit Individualität verbunden.(4) Mit ihrer Hilfe bringt der Mensch sich selbst und seine Beziehung zur Umwelt zum Ausdruck.(5)

In unserer modernen Welt kann man verschiedene Typen von Sprache unterscheiden: so z.B. eine wissenschaftliche, etwa in Form eines Fachjargons, oder die des Literaten.(6) Jeder dieser Sprachtypen hat wieder spezielle Eigenarten: So gesteht die wissenschaftliche Sprache einem Wort nur eine Bedeutung zu,(7) sie ist rein instrumental: "The purified language of science is instrumental, [...]."(8) Die poetische Sprache hingegen verbindet Leidenschaft mit Wissen(9) und ruft, z.B. in Form von Metaphern, Assoziationen beim Empfänger hervor: "The metaphor calls up a succession of ramifying after-images."(10) Die literarische Sprache ist folglich enger mit Individualität und Seinsreflexion verbunden, stellt sie doch meist die Grundfrage "Who are we?"(11) und sucht mit alten wie neuen Erkenntnissen beständig nach der Wahrheit.(12) Es wird deutlich, dass Sprache ein komplexes und wichtiges System innerhalb der menschlichen Kultur ist. Nur durch sie kann der Mensch sich selbst und seine Umwelt reflektieren: sie konstituiert das Sein.

C. Lernziele

Durch das "Aktivieren" von Vorwissen soll der Schüler die Möglichkeit erhalten, sich und seine Lebenswelt in den Unterricht einzubringen. Es soll ihm das Gefühl geben, dass er ernst genommen wird. Ferner soll die Aufarbeitung seines Wissens ihm seine Fähigkeiten bewußt machen. Zudem soll jeder einzelne natürlich Neues hinzulernen und somit seinen Horizont erweitern. Es wäre schön, wenn dadurch die Motivation gesteigert und das Interesse für dieses Thema geweckt würden, so dass im folgenden Verlauf die Beteiligung am Unterricht rege ist.

D. Ablauf/Didaktisch-methodische Überlegungen

Dieses Thema soll mit Hilfe von Brainstorming eingeführt werden, d.h. die Schüler können spontan Wissen und Ideen einbringen. Man kann auch überlegen, ob sich nicht die Hälfte der Klasse mit einem normalen Lexikon zu diesem Thema vorbereitet, so dass die spontanen Überlegungen der Mitschüler hinterher noch ergänzt werden könnten. Der Vorteil wäre, dass der Lehrer bei einem unvollständigen Ergebnis nicht als "Belehrender" eingreifen müßte. Die Schüler sollten selbständig vorbringen, dass es verschiedene Typen von Sprache gibt, dass Sprache immer individuell ist und dass sie Verschiedenes ausdrücken kann, wie z.B. Gefühle, Gedanken etc. Zumindest sollten sie einbringen, dass Sprache immer Sinn übermittelt.

Anschließend soll das Gesammelte nach den Gesichtspunkten "Funktion" und "Bedeutung der Sprache für den Menschen" sowie "Weiteres" systematisiert werden. Innerhalb einer Kategorie kann man versuchen, ein (subjektives) "Ranking" nach Wichtigkeit aufzustellen, das unter den Schülern kontrovers diskutiert werden soll. Ferner wäre es sinnvoll, den literarischen und wissenschaftlichen Sprachgebrauch kontrastiv zu untersuchen, da dieses Wissen bei der späteren Textanalyse von Nutzen sein kann. Dazu sollte zusätzliches Material eingereicht werden.(13) In dieser Phase soll der Schüler relativ frei und aktiv sein Wissen und Meinungen einbringen dürfen. Der Lehrer sollte im Hintergrund bleiben und nur mit einigen Leitfragen oder Denkanstößen weiterhelfen.


IV. Sprachgebrauch des Autors

A. Vorüberlegungen

Mit der Untersuchung der Sprache des Autors soll der Einstieg in die Textarbeit erfolgen. Die Schüler können nun die vorher systematisierten Vorkenntnisse konkret an einem literarischen Text anwenden und "altes" Grundwissen zur Analyse von literarischen Texten einbringen. Gleichzeitig dient diese Einheit als Überleitung zum eigentlichen Schwerpunktthema, der Analyse der Sprache als Manipulationsmittel in der BNW, dessen Untersuchungen mehr Zeit erfordert und evtl. schwieriger für den Schüler ist. Daher erscheint diese Reihenfolge sinnvoll.

B. Analyse von Textpassagen

1. Atmosphäre

Meistens wirkt die Atmosphäre eines Buches unreflektiert auf den Leser ein und bleibt somit unscharf. Ein Weiterforschen würde sie sicherlich partiell zerstören. Dennoch sollte der Schüler sie einmal bewußt an einer Textpassage analysieren. Besonders geeignet sind die ersten beiden Passagen des Buches.(14) Dort wird ein Ort des Lebens, das "Hatchery Centre", mit Worten dargestellt, die eher ein Szenario des Todes zu beschreiben scheinen: "[...] some pallid shape of academic goose-flesh [...]" oder "The light was frozen, dead, a ghost."(15) Es gibt noch ähnlich aussagekräftige Stellen: In den "Neo-Pavlovian Conditioning Rooms", in dem die Kinder physisch mißhandelt werden, stellt sich die Atmosphäre als " [...] bright and sunny [...] dar.(16) Ebenso werden die Räume des "Park Lane Hospital for the Dying" als "[...] bright with sunshine and yellow paint [...]"(17) beschrieben. Es liegt in allen Fällen eine Diskrepanz zwischen den sprachlichen Mitteln und dem Inhalt der Szenen vor. Man kann die Schlußfolgerung ziehen, dass der Autor mit dieser satirischen Verzerrung Distanz zum Geschehen erzeugen will. Als Folge zweifelt der aufmerksame Leser z.B. schon nach der Lektüre der ersten zwei Abschnitte die Ernsthaftigkeit des Titels "Brave New World" an.(18)

2. Der Dialog im dritten Kapitel

In diesem Kapitel werden abwechselnd die Unterhaltungen zwischen dem Weltkontrolleur Mustapha Mond, dem Direktor des Hatchery Centers und einigen Studenten, zwischen Henry Foster und einem Assistenten zusammen mit Bernard Marx, sowie zwischen Lenina Crowne und Fanny Crowne wiedergegeben. Sind die Passagen anfangs jeweils ca. eine ganze oder eine drittel Seite lang, so erfolgen die Szenenwechsel gegen Ende des Kapitels so schnell, dass z.T. schon nach einem Satz immer eine andere Gesprächsgruppe eingeblendet wird. Die Passagen wirken regelrecht auseinandergerissen und zwischendurch werden nun noch suggestiv-manipulative Kommentare eingestreut.

Als Folge werden die Zuordnung der Gespräche zu den entsprechenden Gesprächspartnern und die Verfolgung des inhaltlichen roten Fadens der Gespräche zunehmend schwieriger. Diese Darstellungsart ist für einen Roman höchst ungewöhnlich. Sie wirkt futuristisch und erinnert somit an einen postmodernen Roman. Der futuristische Charakter dieser Technik ist jedoch dem Genre Utopie, bzw. Anti-Utopie, höchst angemessen, da dort eine mögliche Zukunft beschrieben wird.

3. Metaphern, "sprechende Namen" und das Motto des Staates

Obwohl es in diesem Roman viele bedeutungsvolle Passagen und Metaphern gibt, sollte man sich aufgrund des Zeitrahmens auf die wichtigsten beschränken. Bereits das erste Kapitel eignet sich gut zur Untersuchung von Metaphern und "sprechenden Namen". Der Direktor wird mit einem Pferd verglichen, dem seine Studenten hinterherlaufen.(19) Ebenso wird der Schaffungsprozeß von neuem Leben mit Ausdrücken aus dem Tierreich geschildert: "[...] hog's stomach und foal's liver [...]."(20) Mit dieser Darstellung werden die Errungenschaften dieser Welt satirisch verzerrt und abgewertet. In der Reihe der organischen Metaphern ist besonders die Metapher des "stomach" interessant.(21) Das T-Zeichen wird über dem Bauch geformt, wenn man von Fords T-Modell spricht. Diese Metapher ironisiert den Materialismus und die Konsumgesellschaft in BNW.(22) Der Gedanke wird wieder im achtzehnten Kapitel aufgegriffen, als John, krank von der Zivilisation, sagt "I ate civilization."(23)

Ebenso ist das Motto des Staates "Community, Individuality and Stability" nicht wörtlich gemeint, sondern ist vielmehr eine Pervertierung des Mottos der französischen Revolution "Liberté, Egalité, et Fraternité“.(24) Dies wird dem Leser bereits nach der Lektüre des ersten Kapitels klar, da dort der Mensch nicht mehr als Individuum, sondern nur noch als chemisch-biologische Einheit dargestellt wird. Das Individuum wird dem Staat geopfert, so dass das Prinzip "Community" an erster Stelle steht.(25)

Eine weitere wichtige Metapher ist die des "leeren Geredes" oder "Geschwätzes" im Zusammenhang mit der Geschichte des Menschen, "History is bunk."(26) Zu Beginn des dritten Kapitels wischt Mustapha Mond mit diesen Worten die ganze Menschheitsgeschichte vom Tisch. Die Bedeutung "leeres Gerede" konnotiert nicht nur, dass Geschichte nicht wichtig, sondern dass sie praktisch nicht existent ist. An dieser Stelle wird die Gefährlichkeit solch komprimierter, absoluter Phrasen und Metaphern deutlich, deren Formulierung harmlos, aber deren Wirkung enorm ist.

Wichtig sind zudem die Namen der Figuren, da die meisten von ihnen eine übertragene Bedeutung aufweisen. So bedeutet z.B. Foster: "To foster - [...] to help to grow or develop."(27) Dieser Name ist folglich eine satirische Kommentierung dessen, was Henry Foster wirklich tut. Der Name Mond kommt wahrscheinlich von französisch "le monde" und bedeutet somit "Mann von Welt."(28) Dies paßt zu Mustapha Monds Funktion als "world-controller" ebenso wie zu seinem überdurchschnittlichem Wissen.(29) Die Namen Marx und Lenina erinnern an Karl Marx und Lenin und konnotieren somit "Revolutionär" und "Materialismus". Ebenso stammt der Begriff des "Malthusian Belt"(30), der zur Verhütung dient, von Thomas Robert Malthus ab, der die Ansicht vertrat, dass "sich die Bevölkerung schneller als die Nahrungsmittelmenge vermehre" (Malthusianismus).(31) Er empfahl daher eine Beschränkung des Bevölkerungswachstums. Einige Namen stehen folglich stellvertretend für bestimmte politische, philosophische und wirtschaftlich-soziologische Strömungen des 19./20. Jahrhunderts. Es ist offensichtlich, dass alle Namen mit bewußter Ironie vom Autor eingesetzt worden sind. Dennoch gibt eine Analyse dieser Anspielungen keine komplette Aufschlüsselung über "[...] das Funktionieren dieses utopischen Systems [...]."(32)

Bislang dienten die hier untersuchten sprachlichen Mittel des Autors zu einer satirischen Darstellung oder Verzerrung der Gesellschaft in "Brave New World", die zu einer Distanzierung von der utopischen Gesellschaft führt. Um Mißdeutungen des Lesers zu verhindern, fügte Huxley noch "[...] nachträglich viele ironische Kommentare und Formulierungen [...]" ein.(33)

C. Lernziele

Diese Analyse, die die Instrumentalisierung von Sprache in einem literarischen Werk durch den Autor verdeutlicht, soll zeigen, wie Atmosphäre erzeugt wird und deren Wirkung beschreiben. Konkret soll der Schüler aus der Diskrepanz zwischen der sprachlichen Darstellung und dem Inhalt lernen, dass es sich hierbei um eine satirische Verzerrung handelt, mit deren Hilfe der Autor Distanz zum Geschehen erzeugt. Dieser Bewußtmachungsprozeß soll den Schüler zugleich zu einer kritischen Lesehaltung animieren. Das bedeutet nicht, dass er künftig jeden Text "zerlegen" soll, so dass ihm jegliche Freude an der Lektüre eines Textes genommen wird, aber er soll die Fertigkeit entwickeln, dies bei Interesse tun zu können.

Mit der Analyse des zerrissenen Dialogs im dritten Kapitel sollen die Schüler lernen, die Wirkung eines sprachlich-stilistischen Mittels auf den Leser zu erfassen. Zum Einen sollten die Schüler versuchen, die Gesprächsabschnitte den richtigen Gesprächspartnern zuzuordnen, was ihr logisches Denkvermögen schult. Zum Anderen sollten sie überlegen, welcher Sinn hinter dieser Art der Darstellung liegt und welche Wirkung sie erzeugt. Der Schüler soll dabei über die sprachliche Ebene hinaus eine Brücke zur Gattungsfrage schlagen, was relativ schwierig ist und komplexer Denkansätze bedarf. Der Schüler sollte verstehen, dass sprachliche Mittel innerhalb des literarischen Werkes direkt auf den Leser wirken können, sie aber oft auch auf eine andere Ebene verweisen und somit eine komplexere Bedeutung darüber hinaus haben. Am Ende sollte sich der Schüler der starken Instrumentalisierung von Sprache durch den Autor bewußt sein, eine Erkenntnis, die er für spätere Lektüren nutzen kann (und sollte).

Ebenso soll die Untersuchung der Metaphern und sprechenden Namen dem Schüler aufzeigen, welch vielfältige sprachliche Möglichkeiten der Autor hat, um Textsignale zu setzen und Botschaften zu übermitteln. Der Schüler sollte nach der Analyse in der Lage sein, Textsignale besser zu erkennen und einen Text kritischer zu lesen.

D. Ablauf/Didaktisch-methodische Überlegungen

Es ist naheliegend, mit der Untersuchung der Atmosphäre zu beginnen, da sie das erste ist, was auf den Leser bei der Lektüre eines Buches einwirkt. Zudem bietet sich dieser Einstieg an, weil eine relevante Szene gleich zu Beginn des Buches liegt, so dass der Schüler keine Schwierigkeiten hat, sich in die Passage einzufinden. Nach der Lektüre sollten die Schüler zunächst ihre spontanen Eindrücke von der jeweiligen Szene schildern, um sie dann in der genaueren Untersuchung mit Hilfe von zwei oder drei weiteren Textstellen, die sich zum vergleichenden Lesen anbieten, zu untermauern oder zu widerlegen. Der Lehrer sollte sich bei dieser noch leichten Phase mit einzelnen Leitfragen zur Wirkung der Metaphern zurückhalten.

Um chronologisch fortzufahren, sollte anschließend das sprachlich auffällige dritte Kapitel untersucht werden. Nach ausschnittsweisem Lesen sollten die Schüler zunächst die Gliederung dieses Kapitels beschreiben und einige Gesprächspassagen den entsprechenden Gesprächsteilnehmern zuordnen. Nach der formalen Beschreibung sollten sie die Wirkung dieses "Durcheinanders" auf sie beschreiben, wobei evtl. schon der progressive Charakter auffallen kann. Am Schluß sollte die Überlegung stehen, warum der Autor das Kapitel so angelegt hat. Dabei sollten die Schüler die Verbindung zwischen der Gattungsebene und der sprachlich-formalen Ebene herstellen. Da diese Aufgabe etwas anspruchsvoller ist, sollte der Lehrer verstärkt durch Fragen Hilfestellung leisten und die Richtung vorgeben.

Es ist sinnvoll, eine Untersuchung der Metaphern, Namen und des Staatsmottos hintenanzustellen, da es sich hierbei um einzelne Stilmittel handelt, die immer nur Lesen in Auszügen gestatten. Einige Punkte könnten sogar z.T. losgelöst vom Text und nur mit Kontextwissen besprochen werden (Namen, Staatsmotto). Dafür ist hier verstärkt eine Gesamtbeurteilung mit Diskussion gefordert. Der Lehrer sollte aber dennoch bei Schwierigkeiten passende Textstellen parat haben. Man sollte versuchen, dieses Porblem schnell abzuhandeln, damit noch genug Zeit für das Hauptthema bleibt. Es ist sinnvoll, mit allgemeinen Metaphern am Anfang des Buches zu beginnen, um dann mit den Namen etc. konkreter zu werden. Hierbei muß immer erst eine spezielle Szene gelesen werden, um sie dann zu interpretieren. Der Schüler kann dabei das bereits vorhandene Kontextwissen einsetzen. Dies ist besonders wichtig, wenn er die Frage nach der Wirkung sowie dem Zweck beantworten soll, die natürlich am Schluß gestellt wird.

Diese Phase wird stärker vom Lehrer bestimmt, da er aufgrund des engen Zeitrahmens den Schülern bestimmte Definitionen, Zitate und Zusatzmaterial (Malthusian Belt) liefern muß. Somit muß er gleichzeitig öfter Überleitungen machen und Leitfragen stellen. Es sollte jedoch Aufgabe der Schüler sein, die Informationen in einem Resümee zu verknüpfen.


V. Die Rolle der Sprache als Manipulationsinstrument in Brave New World

A. Vorüberlegungen

Diese kleine Reihe sollte mit allgemeinen Reflexionen zum Thema Sprache in BNW unter Rückgriff auf das Menschenbild und den Begriff von Individualität in der schönen neuen Welt begonnen werden. Die Vorüberlegungen sollten mit der Frage für die weitere Analyse enden: Was drückt Sprache in BNW aus, was ist sie konkret? Die Schüler sollten versuchen, die Sprache in BNW anhand von bestimmten Textstellen zu untersuchen und dabei gleichzeitig alle vorigen sowie die allgemeinen Erkenntnisse zum Thema Sprache zu berücksichtigen.

Besondere Aufmerksamkeit verlangt hierbei die Methode des Sleep-Teaching und ihrer noch im Erwachsenenalter reproduzierten Slogans, da diese den Menschen maßgebend prägen. Zudem sollte der alltägliche und berufliche Sprachgebrauch und dessen Bedeutung an Personen festgemacht werden. Dazu eignen sich besonders und Helmholtz Watson, der Propaganda betreibt, sowie John und Lenina als konträre Beispiele. Die Bezeichnung "Brave New World" sowie die konkrete Bedeutung von Johns Ausspruch "O brave new world" könnten an dieser Stelle untersucht werden. Andererseits bietet sich dies noch bei der Analyse der Figur des John oder gar am Ende der gesamten Unterrichtsreihe an, um mit dieser Schlußuntersuchung einen Bogen zum Anfang zu ziehen, indem die Glaubhaftigkeit und Bedeutung des Titels beurteilt wird. Dabei müßte wieder die Verbindung zum Sprachgebrauch des Autor hergestellt werden.

B. Analyse von Textpassagen

1. Sleep-teaching

Für die Untersuchung der Sleep-Teaching-Methode ist besonders das zweite Kapitel relevant. "Sleep-teaching" oder "hypnopaedia" wurde durch Zufall im Jahr A.F. 214 entdeckt.(34) Dabei behält ein Kind Worte, die ihm im Schlaf vorgespielt werden, ohne jedoch deren Sinn zu verstehen, so dass sich diese Methode nicht zur intellektuell-geistigen Erziehung eignet. Diese verbale Manipulationsmethode, deren Einheiten "Elementary Sex" oder "Elementary Class Consciousness"(35) heißen, ist folglich die wichtigste Basis für die moralisch-sittliche Erziehung: "The greatest moralizing and socializing force of all time."(36) Die Wirkung beschreibt der Direktor so: "Till at last the child's mind is these suggestions, and the sum of the suggestions is the child's mind. [...] The adult's mind too - all his life long. [...] Suggestions from the State."(37)

Sprache wird hier also instrumentalisiert, um Menschen zu konditionieren. Dabei werden allerdings "Wörter ohne Sinn" oder Bedeutung benutzt.(38) Es ist somit die Sprache der leeren Phrasen, der Slogans, mit deren Hilfe Menschen entstehen, die im moralisch-sozialen Bereich nicht mehr als Individuen agieren können. Folglich können diese Menschen, die keine Individuen mehr sind,(39) Sprache auch nicht mehr mit individuellem Sinn, sondern nur noch reproduktiv gebrauchen, wie der Direktor bereits andeutet. Vom Ursprung her muß man diese Sprache als kontrolliertes Produkt des Staates begreifen, dessen Einsatz rein instrumental ist. Dementsprechend gibt es keinen kreativen Sprachgebrauch in Form von Lyrik oder Dramen mehr.(40) Es wird deutlich, dass Sprache sinnentleert ist und sie gerade deswegen einen wesentlichen Pfeiler der Stabilität des Staates darstellt. Man sollte nun untersuchen, welche Rolle die Sprache im Alltags- und Freizeitleben des Erwachsenen spielt bzw. welche ihr nach dieser "Behandlung" noch bleibt.

2. Die Rolle der Sprache im Alltag

Bei der Arbeit bedarf es zumeist keiner besonderen Sprachanwendungen oder -fertigkeiten. Die meisten Leute führen nur bestimmte Schritte aus, die sich permanent wiederholen. So impft z.B. Lenina Crowne Ovarien gegen die Schlafkrankheit.(41) Hierbei ist keinerlei Hintergrundwissen vonnöten. Die allgemeine Unwissenheit wird verstärkt deutlich, als John im Reservat nach Erklärungen zur BNW verlangt und Linda sie ihm nicht geben kann.(42) Ausnahmen sind die Personen, die mit Hypnopädie zu tun haben, wie Bernard Marx, und diejenigen, die, wie Helmholtz Watson, in der Propaganda beschäftigt sind und jene Slogans verfassen.

Das Freizeitverhalten wird hauptsächlich durch Sport bestimmt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Sport ist in den meisten Fällen non-verbal und intellektuell nicht sehr fordernd. Abends werden Fernsehsendungen oder sogenannte "Feelies" geschaut. Hierbei ist interessant, dass die Rolle der Sprache praktisch vom "Mitfühlen" verdrängt wird. Ebenso gibt es in der Ersatzreligion keine Botschaft mehr zu übermitteln. Solidarity Services sind Orgien, die den Gemeinschaftsgeist beschwören sollen und keine metaphysische Ebene mehr haben.(43) In diesen Sitzungen spielen Musik bzw. Trommeln eine tragende Rolle. Auch hier ist der Rhythmus eindringlich und monoton. Die Texte aller Lieder sind primitive Slogans,(44) so dass es in der Musik keine vielschichtigen Botschaften zu ergründen gibt.(45)
Als schriftliches Medium gibt es Zeitungen, wobei es eine für jede Kaste gibt, so dass sie nur Propaganda und leere Phrasen enthalten werden.(46) Alles sind Massenunterhaltungsmittel, die jegliche anregende Kreativität sowie jeglichen kritischen Charakter verloren haben, d.h. sie sprechen in den meisten Fällen nicht mehr den Intellekt, sondern nur die emotionale Ebene an. Bei all diesen Aktivitäten ist Sprache ebenfalls instrumentalisiert und dient nur noch dazu, den Effekt der Konditionierung durch Manipulation zu verstärken.(47)

3. Die Rolle der Sprache bei der Übermittlung von Tradition/Geschichte

Im dritten Kapitel macht Mustapha Mond in einem einzigen Satz deutlich, welche Rolle die Sprache für die Übermittlung von Tradition und Geschichte noch hat: "History is bunk."(48) Da Geschichte sozusagen wertlos und fast nicht existent ist, kann Sprache auch nicht mehr zur Übermittlung von Tradition dienen und zur Entwicklung einer Identität (einer Person, eines Volkes) beitragen. Sprache wird in diesem Zusammenhang vielmehr tabuisiert. Wörter, die verpönte Werte oder Umstände beschreiben, werden aufgrund von Konditionierung bei ihrer Äußerung fast als peinlich und schmerzhaft empfunden. Mustapha Mond gibt dennoch mit bestimmten "Tabuwörtern" einen zensierten Einblick in die Geschichte. Er tut dies aber nur, um Verachtung für diese zu er- und bezeugen.(49) Mit dieser phrasenhaften, "abgehackten" Verfälschung von Geschichte erinnert er an Goebbels und das Naziregime. Ohne Geschichte, ohne Gedächtnis kann sich der Mensch nicht weiterentwickeln und keine eigene Identität finden.(50)

4. Menschen und Außenseiter in BNW

a. Helmholtz Watson
Trotz aller Uniformität in der BNW gibt es dennoch, abgesehen von den klassenbedingten Unterschieden, Menschen, die diese Welt anders wahrnehmen. Zu ihnen zählt Helmholtz Watson, der im Propagandabereich als Lektor an dem "College of Emotional Engineering (Department of Writing)" arbeitet und folglich mit der "normalen", manipulierenden Literatur und Sprache dieser Welt zu tun hat. Als Alpha-Plus zählt er mit dieser Arbeit zu den Intellektuellen, die einen Einblick in die manipulative Apparatur des Staates haben. Seine Unzufriedenheit resultiert jedoch hauptsächlich aus einem "mental excess", d.h. er ist überbegabt. Dadurch ist er sich seiner Individualität bewußt.(51)

Er verweigert die Teilnahme an dem üblichen sozialen Leben und ist ein Außenseiter.(52) Er fühlt, dass er noch ungenutzte Talente und die Kraft hat, anders zu schreiben oder gar etwas anderes auszudrücken.(53) Dabei kommt er der Wurzel des Übels, die in der Gesellschaft liegt, ziemlich nahe: "Can you say something about nothing?"(54) An seinem Dilemma kann sich folglich ohne eine grundlegende Wandlung der Gesellschaft nichts ändern. Da dies "von oben" nicht erwünscht ist und er zudem ein auffälliges Gedicht über Einsamkeit mit originären Reimen und Bildern geschrieben hat,(55) wird Helmholtz Watson auf eine Insel verbannt(56).

b. John "the Savage"
John, der frei und unmanipuliert als Individuum im Reservat bei den Indianern aufgewachsen ist, hat ein anderes Verständnis von Sprache und somit auch ein anderes Verhältnis zu ihr. Einerseits ist dies durch die von den Alten des Stammes mündlich tradierten Geschichten bedingt, mit deren Hilfe Brücken zur Vergangenheit geschlagen werden. Andererseits kommt dies durch die Dramen Shakespeares, die er gelesen hat und deren Sprache ihn gefangennimmt. Diese Werke liefern ihm Erklärungen über sein Leben und bieten ihm Orientierung. Die gewaltige Sprache hilft ihm, seine Gefühle auszudrücken. In der BNW wird er dadurch wieder zum Außenseiter.

Selbst Helmholtz zeigt nur begrenztes Verständnis. Denn obwohl er die Macht dieser Sprache erkennt, kann er deren dramatisch-tragische Inhalte nicht nachvollziehen.(57) Besonders schmerzlich wird für John das Anderssein durch die Mißverständnisse mit Lenina, die seine romantisch-heroischen Worte aufgrund ihrer Konditionierung nicht verstehen kann: "[...] They make a promise to live together for always [...] What a horrible idea!"(58) In dieser Szene findet eine gegenseitige Fehlinterpretation aller Worte und Handlungen statt, da unterschiedliche Wert- und Moralvorstellungen eine Verständigung unmöglich machen.(59) Beide sind gefangen in ihrer Welt.

5. Slogans

Bei der Hypnopädie (und damit auch im Alltag und beim Freizeitverhalten der Menschen) spielen die vom Staat formulierten Slogans eine wesentliche Rolle. Sie lauten u.a.: "But everyone belongs to everyone else"(60), "When the individual feels, the community reels"(61), "[...] cleanliness ist next to fondliness [...] civilization is sterilization"(62), oder "Ending is better than mending [...]" (63), "Hug me till you drug me, honey"(64), "A gramme in time saves nine" sowie "A gramme is always better than a damn"(65) und "Was and will make me ill, [...] I take a gramme and only am."(66) Alle Slogans beziehen sich inhaltlich auf die Säulen der Stabilität, nämlich auf den Uniformitätsgedanken, der keine Individualität zuläßt, die Konsumgesellschaft, Hygiene und künstliche Fortpflanzung so wie auf Promiskuität und Soma, das einem das Bewußtsein für die Vergangenheit, Zukunft und eigentlich auch für die Gegenwart nimmt. Diese hohlen Slogans, getarnt als Lebensweisheiten, zeigen, dass der Mensch wirklich in jedem moralisch-sozialen Lebensbereich von Propaganda und Manipulation durchdrungen ist. Die gesamte Gedanken- und Wertewelt des Menschen konstituiert sich aus diesen dümmlichen Sprüchen. Somit hat das uniforme Ich das individuelle abgelöst.

Betrachtet man zusätzlich die Form der Slogans, so fallen besonders einige Aspekte auf: Die Sprüche sind sehr kurz und präzise und wirken somit sachlich, fast wissenschaftlich. Doch während diese Sprache zwar wie wissenschaftliche Sprache instrumental und Sache weniger Spezialisten ist, so teilt sie nicht deren notwendige Verknüpfung mit Neuentdeckungen, sondern verhindert diese.(67) Andererseits erinnern die reimenden Endungen und Alliterationen an Gedichte. Vordergründig dient die Form dazu, dass man sich die Slogans besser einprägen kann. Zusätzlich scheinen die Slogans mit der Reimform auch einen künstlerisch-literarischen Anspruch zu erheben. Um zu überprüfen, ob die Slogans dem Anspruch literarischer Güte gerecht werden, muß man Ansinnen und Aufgaben von Lyrik/Literatur definieren.

Der Literat verknüpft die äußere Welt mit der inneren Welt der Erfahrungen und konzentriert sich dabei auf den individuellen Fall. Nichts liegt ihm ferner als vom Individuellen aus zu generalisieren.(68) Dieser Ansatz steht in deutlichem Gegensatz zur Funktion der Slogans, die zur Uniformierung des Individuums beiträgt, so dass es normalerweise keine individuellen inneren Erfahrungen und somit keinen einzelnen Fall mehr gibt. "Literature is a device for reporting the multifarious facts and expressing their various significances. [...] purifies, not by simplifying and jargonizing, but by deepening and extending, [...] with overtones of association and undertones of sonorous magic."(69) Auch hier ist die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Slogans enorm: Sie können nicht nur nicht die Vielfalt des Lebens beschreiben, da es diese nicht gibt, sie sind sogar ein wesentlicher Bestandteil ihrer Reduktion.

Entsprechend hat diese Sprache ihre Vielschichtigkeit verloren und preßt alles in einen vereinfachten und gleichzeitig vereinfachenden "Jargon". Literatur bedient sich auf ihrer Suche nach Wahrheit alten und neuen Materials.(70) Dabei dringt sie ins Unbekannte vor und stellt immer wieder die Grundfrage: "Who are we, and how did we come to be what we are?"(71) Auch zu diesen Ansprüchen könnte es keinen größeren Widerspruch als die Funktion der Slogans geben. Denn diese prägen einen Menschen so, dass er gerade nicht zurückschauen oder ins Unbekannte vordringen soll und der nicht die Wahrheit oder seine Identität ergründen soll. Im Gegenteil, sie verursachen einen totalen Stillstand, der in der BNW auch euphemistisch Stabilität genannt wird.

Aus diesem Vergleich wird deutlich, dass die Slogans den Ansprüchen an Literatur und Poesie in keiner Weise gerecht werden können, da diese die Ansprüche sogar pervertieren, indem sie das genaue Gegenteil erzeugen. An dieser Stelle könnte man eine Verbindung zum Sprachgebrauch des Autors herstellen, da er durch diese Form der Slogans bewußt Ironie erzeugt und damit die Prinzipien dieser Welt lächerlich macht.

C. Schlußfolgerung

Die Untersuchung der Rolle der Sprache bei der Hypnopädie enthüllt die starke Instrumentalisierung von Sprache innerhalb der Konditionierung und der Propaganda. Gleichzeitig ist sie als ein solches Machtinstrument weder literarisch noch wissenschaftlich wertvoll, sondern vollkommen sinnentleert. Somit ist die Rolle, die sie noch im Alltag spielen kann, sehr gering. Der Mensch, der als Folge dieses manipulativen Sprachgebrauches sowie anderer Manipulationstechniken seine Persönlichkeit und Individualität verliert, kann Sprache nicht mehr kreativ und "sinnvoll" einsetzen. Er, der selbst fast unendlich reproduzierbar ist, gebraucht Sprache nur noch rein reproduktiv.
Selbst hochbegabte Außenseiter, wie Helmholtz Watson, können aufgrund der Leere des Lebens in dieser Gesellschaft nichts mit ihren verborgenen Talenten anfangen. Denn was gibt es über das emotionale und geistige Nichts zu sagen? Nichts. Die Menschen in einer Gesellschaft, die die Vergangenheit verloren hat und der es verwehrt ist, in das Unbekannte vorzudringen, sind zu geistiger und kultureller Stagnation bzw. Degeneration verdammt. Das "Problem der Sprache" ist in BNW in Wirklichkeit ein gesellschaftliches Problem.

D. Lernziele

Bei der Analyse der Rolle von Sprache als Manipulationsinstrument in BNW kann der Schüler all sein vorher gesammeltes Wissen permanent anwenden und sich dadurch motivieren. Gleichzeitig kann er bei der intensiven Textarbeit seine analytischen Fähigkeiten verbessern. Er lernt, kritisch zu lesen und nach dem Sinn zu forschen. Die Anforderungen sind zwar je nach Textstelle z.T. hoch, aber durch entsprechende Hilfestellung und gemeinsame Anstrengung durchaus zu bewältigen. Am Ende kann der Schüler die erfolgte Analyse als Erfolgserlebnis verbuchen und ist somit für weitere Analysen motiviert. Die Gruppenarbeit soll seine Sozialkompetenz fördern, indem er lernt, sich in eine Gruppe einzuordnen. Zudem werden ihm durch die Arbeit mit anderen unterschiedliche Denkansätze und Perspektiven unverkrampft nahegebracht.
Diese Betrachtung des Themas aus verschiedenen Perspektiven hilft dem Schüler, selbst vielfältige Denkansätze für einen Analysegegenstand zu entwickeln, sie weiterzuentwickeln, um sie am Ende logisch zu verknüpfen und somit den "Kreis" zu schließen. Vielleicht lernt er aber auch, dass sich dieser Kreis nicht immer zufriedenstellend schließen läßt. Dies stellt kein Defizit dar, sondern bietet Raum für Diskussionen, in denen er seine Ausdrucksfähigkeit schulen kann. Diese Doppelstunde fordert und fördert selbständiges Denken und Arbeiten also auf vielfältige Weise.

E. Ablauf/Didaktisch-methodische Überlegungen

Ich halte es für sinnvoll, bei dieser Untersuchung mit dem Punkt Hypnopädie, dem Ausgangspunkt der gesellschaftlichen und menschlichen "Entwicklung", zu beginnen, da dieser den manipulativ-instrumentalen Sprachgebrauch in der BNW in vollem Umfang verdeutlicht. Die Erkenntnisse hieraus können als Basis für alle weiteren Untersuchungen dienen, da alle anderen Aspekte zumeist Auswirkungen dieses speziellen Spracheinsatzes sind. Daher ist auch eine gemeinsame Untersuchung dieses Aspektes sinnvoll. Zusätzlich ist dies gut praktikabel, da eine konkrete Textstelle kombiniert mit bereits erarbeitetem Kontextwissen eine gemeinsame Ergebnisfindung erleichtern. Der Lehrer sollte lediglich die Aufgabenstellung und Textstelle angeben, um diese dann von den Schülern selbständig in Partner- oder Stillarbeit bearbeiten zu lassen. Der Lehrer sollte die Ergebnisse möglichst nur sammeln.

Diese Ergebnisse sind nun wiederum relevant für die Rolle der Sprache im Alltag, in der Religion und der Geschichtsvermittlung sowie für die Bedeutung der Sprache für einige Außenseiter. Mit der Analyse dieser Bereiche erhält man einen allgemeinen Überblick über die gesellschaftlichen Zustände. Da es für die Bearbeitung dieser Punkte mehrere oder umfangreichere Textstellen zu untersuchen gibt, bietet sich die Form der Gruppenarbeit an. Es werden fünf Gruppen gebildet, die die Rolle der Sprache im Alltag, die Rolle der Sprache bei der Traditions- und Geschichtsvermittlung und die Bedeutung der Sprache für Helmholtz Watson und John zusammen mit Lenina analysieren sollen.
Die Gruppen erhalten diese genauen Aufgabenstellungen, wobei der Lehrer sie noch durch präzisierende Fragen ergänzen kann. Die fünfte Gruppe erhält eine Zusammenstellung der wichtigsten Slogans und soll deren Inhalt den entsprechenden gesellschaftlichen Bereichen zuordnen sowie deren Zweck und die Auswirkungen innerhalb der BNW untersuchen. Die Gruppen sollten die Auswertungen stichpunktartig auf einer Folie festhalten, um sie beim Vortrag der Ergebnisse als visuelle Hilfe für die Mitschüler zu benutzen. Der Lehrer kann bei Bedarf erweiternde Fragen stellen.

Nach diesem Überblick bietet es sich an, die Analyse zu vertiefen und die äußerliche, sprachliche Form der Slogans, die an Gedichte erinnert, genauer zu betrachten. Die Gruppen erhalten jetzt entsprechende Zitate aus Huxleys Literature and Science, die sie auslegen und vor der Klasse ausführen sollen (bei genügend Zeit kann auch ein kurzer Vergleich mit wissenschaftlicher Sprache erfolgen). Der Lehrer soll die Essenz für alle sichtbar festhalten. Anschließend soll die ganze Klasse die Ergebnisse mit den Ansprüchen und der Wirklichkeit in der BNW vergleichen und diskutieren.


VI. Schlußbetrachtung

Für die Analyse der Rolle der Sprache als Manipulationsinstrument in BNW, aber auch für den Sprachgebrauch des Autors, bietet der Text so viele Untersuchungsmöglichkeiten und Denkanstöße, dass man diese Themen auf keinen Fall nur oberflächlich behandeln sollte, auch wenn es wohl unmöglich ist, alle Analyseansätze im Unterricht zu berücksichtigen. Man sollte sich daher auf die Aspekte beschränken, die zeigen, wie komplex dieser Roman angelegt ist und wie virtuos er mit Sprache umgeht bzw. diese reflektiert.

Zusätzlich zur Analyse dicht am Text bietet diese Anti-Utopie noch genügend weiteren Diskussionsstoff. So kann (und sollte) man mit den Schülern nach diesen Untersuchungen noch diskutieren, inwieweit Huxley eigentlich selbst Sprache instrumentalisiert hat und wo der Unterschied zum manipulativen Sprachgebrauch in BNW liegt. Zudem sollte man die Sprache der Medien und der Politik in der eigenen Gesellschaft einmal kritisch beleuchten, um eventuelle Parallelen zur BNW(72) festzustellen. Dadurch weiß der Schüler die Analyseergebnisse vielleicht besser einzuordnen und nimmt zugleich sein eigenes Lebensumfeld mit kritischeren Augen wahr. So hätte er nicht nur für die Schule, sondern auch "für das Leben" gelernt.


VII. Anmerkungen

1)   Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen , Longman Study Texts (München: Langenscheidt-Longman, 1990), p.16.

2)  Ulrich Imig, Brave New World , Lehrerhandreichungen , Longman Study Texts (München: Langenscheidt-Longman, 1990) p.16.

3)  "Sprache", Der Brockhaus in einem Band, 1994 ed.

4)  Aldous Huxley, Literature and Science, (New Haven: Leete’s Island Books, 1963), p.7.

5)   Aldous Huxley, Literature and Science, p.8.

6)   Aldous Huxley, Literature and Science, p. 6.

7)   Aldous Huxley, Literature and Science, p. 36.

8)  Aldous Huxley, Literature and Science, p. 38.

9)   Aldous Huxley, Literature and Science, p. 42.

10)   Aldous Huxley, Literature and Science, p. 27.

11)   Aldous Huxley, Literature and Science, p. 82.

12)   Aldous Huxley, Literature and Science, pp. 112/117.

13)  Als Zusatzmaterial eignen sich Zitate aus Aldous Huxleys Literature and Science.

14)  Aldous Huxley, Brave New World, (London: Flamingo, 1994), p.19.

15)  Aldous Huxley, Brave New World, p. 19.

16)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 34.

17)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 198.

18)  Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, p. 10.

19)  Aldous Huxley, Brave New World, p. 20.

20)  Aldous Huxley, Brave New World, p. 28.

21)  Aldous Huxley, Brave New World, p. 39.

22)  Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, p. 15.

23)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 238.

24)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 19.

25)  Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, p. 11.

26)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 48.

27)  Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, p. 11.

28)   Christoph Bode hält diese Interpretation für absolut unvertretbar und meint, dass der Name eine Anspielung auf den britischen Großindustriellen Sir Alfred Mond ist. Belegen kann er dies allerdings nicht! Siehe Christoph Bode, Aldous Huxley: Brave New World, Text und Geschichte. Modellanalysen zur englischen und amerikanischen Literatur (München: UTB, 1985) 97.

29)  Aldous Huxley, Brave New World, chapters 3/16/17.

30)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 63.

31)   "Malthus", Der Brockhaus in Einem Band, 1994 ed.

32)  Christoph Bode, Aldous Huxley: Brave New World, p. 97.

33)   Christoph Bode, Aldous Huxley: Brave New World, p. 95.

34)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 39.

35)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 41.

36)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 42.

37)   Aldous Huxley, Brave New World,p. 43.

38)  Aldous Huxley, Brave New World, p. 42.

39)   Peter Bowering, Aldous Huxley: a Study of the Major Novels, (London: The Athlone Press, 1968) 109.

40)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 218.

41)  Aldous Huxley, Brave New World p. 188.

42)  Aldous Huxley, Brave New World, p. 136.

43)   Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, p. 28.

44)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 168.

45)   Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, p. 28.

46)   Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, pp. 24/25.

47)  Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, p. 25.

48)  Aldous Huxley, Brave New World, p. 48.

49)   Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, p. 20.

50)   Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, p. 21.

51)   Aldous Huxley, Brave New World, pp. 77/78.

52)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 79.

53)  Aldous Huxley, Brave New World, p. 80 und Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, p. 23.

54)  Aldous Huxley, Brave New World, p. 81.

55)  Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, p. 43.

56)  Aldous Huxley, Brave New World, p. 227.

57)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 185.

58)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 191.

59)   Ulrich Imig, Brave New World, Lehrerhandreichungen, p. 44.

60)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 53.

61)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 102.

62)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 116

63)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 62.

64)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 194.

65)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 98.

66)   Aldous Huxley, Brave New World, p. 112.

67)   Aldous Huxley, Literature and Science, pp. 38/62/112.

68)   Aldous Huxley, Literature and Science, pp. 6/7.

69)   Aldous Huxley, Literature and Science, p. 13.

70)  Aldous Huxley, Literature and Science, pp. 112/117.

71)  Aldous Huxley, Literature and Science, pp. 118/88.

72)  Ulrich Imig, Brave New World. Lehrerhandreichungen, p. 17.


VIII. Literaturverzeichnis

A. Primärliteratur

Huxley, Aldous. Brave New World. 1932. London: Flamingo, 1994.

B. Sekundärliteratur

Bode, Christoph. Aldous Huxley: Brave New World. Text und Geschichte. Modellanalysen zur englischen und amerikanischen Literatur. München: Wilhelm Fink Verlag, 1985.

Bowering, Peter. Aldous Huxley: a Study of the Major Novels. London: The Athlone Press, 1968.

Huxley, Aldous. Brave New World Revisited. 1958. London: Chatto & Windus, 1959.

---. Literature and Science. New Haven: Leete's Island Books, 1963.

Imig, Ulrich. Brave New World. Lehrerhandreichungen. Longman Study Texts. München: Langenscheidt-Longman, 1990.

"Sprache." Der Brockhaus in einem Band. 6th ed. 1994.



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